Montag, 28. Juni 2010

Horrorritt nach Simferopol

Um 22 Uhr kam unser Fahrer. Der Zug fuhr um 23:49 aus Odessa ab, eine sehr unpraktische Zeit wenn man mit Kindern reisen muss. Zudem war das Wetter immer noch garstig, als wir in den Zug steigen mussten, stürmte und regnete es in Strömen. Sascha sitzt bei solchen Einsteigmanövern immer im Rucksack, Anja im Kinderwagen, und sie war mit dem Regenschutz des Wagens zugedeckt. Als sie aus dem Wagen stieg, flog dieser in sekundenschnelle fort – direkt unter den Zug! Und ich hatte mich so gefreut, dass wir dieses Mal endlich einen Regenschutz hatten, denn in China hatten wir den leider vergessen, was relativ schlecht ist wenn man stundenlang unterwegs ist…



Unser Zugbegleiter war ein wilder Tatar oder sowas in der Art, auf jeden Fall musste die Schaffnerin vom Wagen nebenan ihn wecken, ein Vodkaduft kam uns entgegen und ein böser Blick weil wir seine Ruhe gestört hatten. Doch schliesslich sah auch er dass wir da draussen im Sturm in echter Not waren und half uns rein. Der Wagen war so etwas von furchtbar, so einen hatten wir wirklich noch nicht gesehen. Wir hatten schon ältere Züge gehabt, aber der Zustand in dem sich der hier befand, war einfach nur katastrophal. Unser Fenster im Abteil war halb auseinandergefallen, die Gummidichtung hin herunter und das Endstück das den oberen Abschluss machen sollte, lag im Gepäckfach. Das Fenster im Gang war 30 cm oder mehr offen und konnte nicht mehr geschlossen werden – und wie gesagt, es stürmte und regnete wie verrückt. Wir brauchten erst mal eine Stunde, bis wir uns sturmsicher eingerichtet hatten, klemmten den Verdunkelungs-Ledervorhang unter unsere schwere Koffer die wir auf den Tisch hievten, obendrauf noch den Rucksack, die Kinder packten wir zwischen die Matratzen, rundherum hängten wir Leintücher, und schlussendlich kam gottseidank noch der Schaffner und brachte noch mehr Decken. Der Zug war voll. Es ist ein lokaler Zug mit einer dreistelligen Nummer, das sind manchmal ganz lustige Züge, aber hier in der Ukraine sieht das wohl ein wenig anders aus. Der Zug fuhr los, wie ein verrückter raste er über die Schienen und ich fragte mich wirklich, ob der uralte Wagen, der wohl kaum jemals gewartet wurde, das aushält. Irgendwann stieg ich vom oberen Bett runter zu Sascha ins Bett weil ich Angst hatte, dass es ihn herausschleuderte. Der Zug hielt an jedem einzelnen Bahnhof. Er fuhr mit Höchstgeschwindigkeit rein, um dann voll abzubremsen. Ich war langsam wirklich wütend und wollte am liebsten aussteigen. Doch als ich dann bei Sascha im unteren Bett lag, ging’s etwas besser als oben und wir fanden doch noch ein wenig Schlaf.
An gewissen Stationen hielt der Zug auch recht lange, und die meisten Leute rannten raus zum Rauchen. Drinnen wurde es dann wieder sehr heiss, denn zum Glück hatte sich das Wetter am nächsten Morgen gebessert. Um 11:55 hätten wir in der Hauptstadt der Krim ankommen sollen, doch wir hatten 15 Min. Verspätung. Und wie als Krönung des ganzen war dann auch mal wieder niemand da, der uns abholte, und wir mussten hin und her telefonieren. Schliesslich stellte sich heraus, dass die Dame von der Mietwagenfirma ganz alleine im Büro war und es einfach nicht schaffte, rechtzeitig am Bahnhof zu sein. Für die einstündige Wartezeit schenke sie uns dann die Miete für einen Kindersitz.
So waren wir also bald stolze Mieter eines neuen grossen Skoda Oktavia’s, wohl dem meistbenutzten Fahrzeug auf der Krim. Sascha sass in einem blauen Kindersitz, Anja in einem rosaroten, und unser von der Schweiz mitgebrachtes GPS navigierte uns wunderbar von der Vermietstation zu unserer ersten Adresse, dem Hotel Oasis in Yevpatoria.



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